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Genießt du dein Essen oder dient es nur zur Nahrungsaufnahme?

Im Rahmen des Diätologischen Jahresstarts 2023, organisiert von meiner lieben Kollegin Daniela Mulle, darf ich euch in meinem Beitrag eines der Grundprinzipien der Intuitiven Ernährung näherbringen, es handelt sich um das 6. Prinzip: „Entdecke den Genussfaktor“.

Eine Mahlzeit ist für uns erst dann zufriedenstellend, wenn sie Lebensmittel enthält, die wir auch mögen, die uns schmecken und die wir im Moment auch brauchen. Wenn mir nach Pizza ist, wird es mich nicht zufriedenstellen, einen Rohkostteller zu essen. Genauso schmeckt es auch besser, wenn ich den entsprechenden Hunger habe, auch wenn es sich um Nahrungsmittel handelt, die ich gerne esse. Und wenn ich trotz bereits eingesetzter angenehmer Sättigung weiter esse, wird die Mahlzeit nicht mehr so intensiv und köstlich schmecken wie zu Beginn, weil meine Geschmacksknospen gegenüber den Aromen unempfänglich geworden sind – vor allem dann, wenn ich mich „überesse“.


Habe keine Angst davor, dein Essen zu genießen

Viele mögen jetzt vielleicht glauben, dass man überhaupt keine Kontrolle mehr über Menge und Wahl der Lebensmittel mehr hat, wenn man erst einmal damit beginnt genussvoll zu essen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Wenn wir unser Essen genießen und nur das Essen auf was wir auch wirklich Lust haben, führt das eher dazu, dass man weniger konsumiert als völlig unkontrolliert.


5 Schritte, wie du den Genuss am Essen wieder zurückgewinnen kannst

Durch ständiges „Kasteien“ und „Zurückhalten“ haben viele oft den Genuss und die Freude am Essen verloren und können sich auch nicht vorstellen, wie man sie wiedererlangen könnte. Die Ernährungsexpertinnen Evelyn Tribole und Elyse Resch arbeiten mit folgenden Schritten, damit ihre KlientInnen wieder lernen Zufriedenheit und Genuss am Essen zu verspüren.


Schritt 1: Frage dich, was du wirklich essen möchtest

Hast du dir schon einmal überlegt, was es eigentlich für eine genussvolle Mahlzeit braucht? Ich denke nicht, zumindest ich habe es nie getan, bevor ich mich nicht genauer mit dem Thema des Intuitiven Essens auseinandergesetzt habe. Die wichtigsten Voraussetzungen sind, dass wir uns die Zeit nehmen herauszufinden, auf was wir wirklich Lust haben, dass wir uns erlauben zu essen und dass wir es uns dann in einer entspannten, angenehmen Umgebung zum Essen gemütlich machen.

Die große Problematik in unserer Welt ist, dass so viele von uns bereits den Großteil ihres Lebens immer wieder oder sogar durchgehend ihre Ernährung einschränken und sich dadurch schon viele Taktiken angeeignet haben, um bestimmte Lebensmittel und Speisen zu vermeiden, so dass sie eigentlich gar nicht mehr richtig wissen worauf sie eigentlich Lust haben und was sie gerne essen. Ist ja auch verständlich, denn keine Diät auf der Welt beginnt mit der Frage „Was esse ich denn am liebsten?“. Der Grundgedanke davon ist ja schließlich, dass einem vorgegeben wird was man zu essen hat und nicht, dass man auf seine eigenen Bedürfnisse achtet.


Schritt 2: Entdecke die Genussfähigkeit deines Gaumens

Überlegst du dir beim Pizza essen, wie du die zugeführten Kalorien später wieder abbauen kannst oder denkst du oft darüber nach, dass diese und jene Mahlzeit zu ungesund oder zu viel war? Wenn ja, dann kann ich dir mit Sicherheit sagen, dass du damit nicht alleine bist – leider! Viele denken an alle möglichen Aspekte des Essens – selten aber richtet sich die Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt, auf das tatsächliche Ess-Erlebnis. Das ist auch der Grund dafür, warum sie nicht schmecken und somit das Essen auch nicht genießen können. Es scheint, als müssten viele von uns die Kunst des Essens OHNE Vorurteile wieder neu lernen.

Wer sich die Zeit nehmen möchte, um herauszufinden welche Nahrungsmittel einem wirklich schmecken, braucht etwas Geduld um zu experimentieren. Prüfe die sinnlichen Qualitäten des Essens, mache dir bewusst, wie die Speisen schmecken, wie sie sich anfühlen, wie sie riechen, …

  • GESCHMACK: Wir neigen dazu, das Essen eher zu verschlingen als bewusst zu kauen. Dabei können wir auch die verschiedenen Geschmäcker nicht richtig wahrnehmen. Eine Speise vereint immer mehrere Geschmacksrichtungen. Nimm bewusst einen Bissen in den Mund und versuche herauszufinden, welche deiner Geschmacksknospen reagiert. Ist die Speise für dich hauptsächlich süß, salzig, bitter oder sauer? Schmeckt die Mahlzeit für dich angenehm? Probiere das zu unterschiedlichen Tageszeiten. Vielleicht schmecken dir morgens süße Speisen besser als abends.


  • KONSISTENZ: Achte darauf wie sich das Essen anfühlt, während du es im Mund mit der Zunge hin und her schiebst. Fühlt es sich knackig an oder eher wie Brei? Magst du es, wenn du viel kauen musst? Oder soll es ohne viel Kauarbeit einfach die Kehle hinunterrutschen? Auch hier kann es sein, dass du je nach Tageszeit oder Laune das Bedürfnis nach unterschiedlichen Konsistenzen hast.


  • GERUCH: Häufig kommt es vor, dass der Geruch den größten Einfluss auf unser Verlangen auf ein bestimmtes Nahrungsmittel oder Gericht hat. Wenn wir finden, dass eine Speise oder ein einzelnes Lebensmittel unangenehm riecht, haben wir meist keinen Gusto darauf es auch zu essen – beziehungsweise wird der Verzehr wahrscheinlich nicht unsere Zufriedenheit erhöhen. Finden wir jedoch bereits während der Zubereitung oder wenn wir ein Gericht serviert bekommen, dass es einfach fantastisch duftet, wird der Verzehr dieser Nahrungsmittel ziemlich sicher unsere Zufriedenheit erhöhen.


  • AUSSEHEN: Der Spruch „Das Auge isst mit“ kommt nicht von irgendwo her. Appetitlich, schön angerichtetes Essen weckt in uns die Lust es zu probieren. Währenddessen Mahlzeiten, die langweilig, eintönig serviert oder einfach nur so auf das Teller „geklatscht“ wurden unseren Appetit eher schmälern. Also – sieh dir dein Essen an. Gefällt es dir wie es aussieht? Welche Farbe kannst du wahrnehmen? Sieht es frisch aus? Wir neigen dazu uns nicht besonders viel Mühe beim Anrichten zu geben, wenn wir „nur“ für uns alleine kochen. Aber gerade dann sollten wir das – wir sind Grund genug, das Essen schön anzurichten. Probiere es aus und du wirst sehen es macht einen Unterschied!


  • TEMPERATUR: Auch die Temperatur spielt eine Rolle bei unseren Vorlieben. Ich liebe Suppen, aber im Sommer bei den heißen Temperaturen draußen, kann ich mir selten eine Suppe als Vorspeise oder gar als Hauptmahlzeit vorstellen, es sei denn es handelt sich um eine geeiste Gurkenschaumsuppe – die liebe ich im Sommer. Im Winter hingegen braucht mein Körper wärmende Gericht, angefangen beim wärmenden Porridge in der Früh bis zur dampfenden Suppenschüssel. Überlege dir, welche Temperaturen du beim Essen magst. Muss bei dir das Essen so heiß sein, dass man sich fast die Zunge verbrennt oder magst du es lieber lauwarm?


  • VOLUMEN & FÜLLEIGENSCHAFT: Lebensmittel haben unterschiedliche Fülleigenschaften und diese können beeinflussen wie wir uns nach dem Verzehr solcher fühlen. Einige sind luftig-leicht und andere wiederum schwer und füllend. Wenn eine Speise zwar wunderbar duftet, schmeckt und ein angenehmes Mundgefühl verursacht, werden wir weniger zufrieden sein, wenn wir nach dem Verzehr übervoll sind oder sogar ein leicht übles Gefühl verspüren.

Jeder von uns hat andere Vorlieben und individuelle Geschmacksknospen, diese müssen wir respektieren. Wenn wer von einem Lebensmittel, einem Gericht oder einem Restaurant schwärmt und total begeistert ist, heißt das noch lange nicht, dass ich auch so empfinde bzw. empfinden muss. Wenn du dich einmal nach dem Genuss von einem bestimmten Lebensmittel übergeben musstest, wirst du dieses Lebensmittel wahrscheinlich nie wieder essen wollen. Unsere individuellen Vorlieben können ein Leben lang bestehen, können sich aber auch mit der Zeit verändern. Darum sollten wir uns immer überlegen, was wir besonders lecker und appetitanregend finden, damit wir auch danach entscheiden können.


Schritt 3: Gestalte das Essen und das „Rundherum“ genussreicher

Wir leben in einer schnelllebigen Zeit und oft reicht Essen „alleine“ nicht aus oder wir haben schlicht und einfach keine Zeit dazu nur zu Essen und nebenbei nicht noch andere Dinge zu erledigen. Oft wird das Frühstück schnell stehend oder gehend auf dem Weg in das Büro eingenommen, mittags wird am Schreibtisch gegessen während E-Mails beantwortet werden und das Abendessen wird auch gerne neben Fernseher, Smartphone & Co. hinuntergeschlungen.

Ich möchte dir nun ein paar Tipps mitgeben, wie du deine Mahlzeiten bewusster gestalten kannst, um somit auch mehr Befriedigung daraus zu ziehen:


1. Nimm dir bewusst Zeit, um dich an den Mahlzeiten zu erfreuen. Und wenn es nur 15 Minuten sind, ist es besser als gar keine Zeit. In dieser Zeitspanne konzentrierst du dich nur auf die Nahrungsaufnahme.


2. Setze dich an einen Tisch zum Essen. Die Mahlzeit im Stehen zu konsumieren, minimiert die Aufmerksamkeit für das Essen und auch die Befriedigung dadurch.


3. Atme ein paar Mal tief durch, bevor du mit dem Essen beginnst. Dies holt dich in das Hier und Jetzt zu deiner Mahlzeit.


4. Versuche so langsam wie möglich zu essen, deine Geschmacksknospen befinden sich im Mund und nicht in deinem Magen! Wenn es dir hilft, lege das Besteck zwischen den einzelnen Bissen beiseite.


5. Achte bei jeden einzelnen Bissen auf Geschmack, Konsistenz, Aroma. Versuche alle verschiedenen Geschmacksrichtungen der Speise wahrzunehmen.


6. Höre auf dein Sättigungsgefühl. Du kannst ruhig immer wieder mal kurz innehalten und spüren wie satt du schon bist. Es schmeckt nicht mehr so gut und intensiv, wenn wir übervoll sind.


7. Für maximale Befriedigung bei jeder Mahlzeit beachtet einfach folgende drei Punkte: esse langsam, esse mit allen Sinnen und genieße jeden Bissen!


Schritt 4: Gib dich nicht zufrieden

Nur weil wir etwas probiert haben und bereits einen Bissen davon genommen haben, sind wir nicht dazu verpflichtet es zusammen zu essen. Ist es dir schon einmal passiert, dass du dir ein Stück Kuchen bestellt hast, weil er so köstlich ausgesehen hat und du aber dann schnell feststellen musstest, dass er dir gar nicht so richtig schmeckt, weil er zum Beispiel zu süß ist? Also mir definitiv ja und ich kann euch eines sagen, früher habe ich auch definitiv alles zusammengegessen, auch wenn es mir nicht zu hundert Prozent geschmeckt hat. Heute kann ich aufhören, wenn meine Rezeptoren für den Geschmack süß quasi gesättigt sind. Das ist einer der größten Vorteile, wenn man sich intuitiv ernährt: Essen, welches einem nicht schmeckt lässt man liegen – das ist ganz leicht, wenn man wirklich schmeckt und weiß, dass man jederzeit wieder essen kann, was man möchtet.

Die beiden Ernährungsexpertinnen Evelyn Tribole und Elyse Resch beschreiben es mit einem sehr passenden Satz: „Wenn Sie es nicht mögen, essen Sie es nicht und wenn Sie es lieben, genießen Sie es!“


Schritt 5: Überprüfe, ob es immer noch lecker schmeckt

Hast du schon einmal eine ganze Tafel Schokolade auf einmal gegessen? Oder eine Packung Chips? Wenn ja, kannst du mir wahrscheinlich dabei Recht geben, dass die letzten Bissen nicht mehr so intensiv und lecker schmecken wie die ersten. Das liegt an der sogenannten „spezifisch-sensorischen Sättigung“. Dieses Phänomen beschreibt, dass das Verlangen nach einem bestimmten Lebensmittel kurzfristig abnimmt, wenn man es konsumiert. Dies ist auch der Grund, warum wir zum Beispiel locker noch ein Dessert essen könnten, obwohl wir bei der Hauptspeise eigentlich schon satt sind.

Vielleicht denkst du in Zukunft während dem Essen immer wieder mal an diesen Punkt und überprüfst, ob dir das Gericht noch so richtig schmeckt. Wenn das nicht der Fall ist, bist du vielleicht schon satt und überlegst dir, ob du nicht aufhörst. Habe dabei aber auch immer im Hinterkopf, dass du das Lebensmittel immer wieder essen kannst, wenn du Lust darauf hast und es dir niemand aus deiner Lebensmittelauswahl wegnehmen kann.


Es muss nicht alles perfekt sein

Es wird Situation in deinem Alltag, in deinem Leben geben, wo du die oben genannten Punkte schlicht und einfach nicht umsetzen kannst. Und soll ich dir was sagen? Es ist nicht schlimm, schließlich soll Essen zu deinem Wohlergehen beitragen – es geht nicht um Perfektion. Versuche einfach in Zukunft etwas mehr darauf zu achten wie du deine Mahlzeiten konsumierst und ich bin mir sicher du wirst einen positiven Unterschied merken!


Weitere spannende Beträge zum Thema findest du hier: Daniela Mulle — Diätologin & Ernährungswissenschafterin


Quelle: Resch, E. & Tribole, E. (2013). Intuitiv Abnehmen (7. Auflage, Deutsche Erstausgabe, S.182 - 201). Wilhelm Goldmann Verlag, München.


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